Haus Millisch

Vom Tante-Emma-Laden zum Osburger Heimathaus, von MILLISCH Fina & Maria zum Haus MILLISCH

Nach über sechsjähriger Renovierungsarbeit waren im Jahre 2005 das althergebrachte Wohnzimmer, die alte Küche, der Stall, das Plumpsklo, die Scheune und das Gesindezimmer wiederhergestellt und somit das Anwesen als HEIMATHAUS nutzbar. Alle Räumlichkeiten wurden hierbei weitestgehend wieder so hergerichtet und auch ausgestattet, wie dies in den Jahren 1873 bis ca. 1970 gewesen war oder gewesen sein könnte. Zu einem späteren Zeitpunkt wurde auf der linken Gebäudeseite noch ein Unterstand angebaut sowie eine historische Schreiner- und Schusterwerkstatt mit althergebrachten Relikten und Werkzeug in einem externen Gebäudeteil eingerichtet. Das komplette Anwesen soll die Wohn-, Lebens- und Arbeitsweisen unserer Vorfahren sowie deren Kultur widerspiegeln, vor allem aber für die kommenden Generationen bewahren. Dafür sind im Laufe der letzten 50 Jahre viele alte Gerätschaften, Arbeitsmittel, kulturelle Gegenstände sowie Unterlagen, Dokumente und Fotos über Osburg, seine ehemaligen Einwohner, Gruppen und Vereine gesammelt, bzw. angeschafft worden, welche im Haus aufbewahrt und größtenteils dort ausgestellt oder gezeigt werden.

Im Schnitt trifft sich dort einmal pro Woche eine Gruppe, hier mit unterschiedlicher Besetzung, um zu musizieren, um ein oder mehrere Glas Viez oder Wein zu trinken, um sich einfach nur über Gott und die Welt zu unterhalten, um das heimische Dialekt zu pflegen sowie um alte Fotos und Urkunden zu bearbeiten, bzw. um deren Inhalte zu recherchieren. Zudem steht auch zeitweilig das Kochen von den Gerichten, welche bei unseren Ahnen auf dem Speiseplan standen, auf dem Programm. Des Weiteren finden dort Spielabende, das Keltern von Obst (Viez) und auch Treffen von örtlichen Jugendgruppen statt. Wenn größere Gruppen das Anwesen besuchen, können diesen im Anschluss an die Besichtigung in der Scheune Fotos und Filme gezeigt werden. Meist wird bei „äem Glöas Viez“, hier mit der dazu passenden „Bluotwueschtschmeer“ der Besuch abgeschlossen.

 

Die Bewohner:
Soweit man dies zurückverfolgen kann, übernahm FELLER Anna-Maria (c) das Haus von ihren Eltern FELLER Nikolaus (a) und SCHMITT Anna (b).

Anna-Maria (c) heiratete BOULLION Johann (d). Aus dieser Ehe ging n. a. BOULLION Maria (e) hervor, welche SCHERF Nikolaus (f) ehelichte, dies übrigens am gleichen Tag wie dessen Bruder SCHERF Matthias (i), welcher die Schwester von Maria BOULLION (3), Susanna (j) heiratete.

Maria & Johann SCHERF, anno 1904
Ein Teil der (Doppel)-Sippe SCHERF-BOULLION, anno 1934

Beide hatte sieben Kinder, wobei deren zwei früh verstarben. SCHERF Nikolaus (f) fiel 1916 in Verdun. Maria verstarb im Jahre 1955.
Den Grundstock für den „Tante-Emma-Laden“ legte BOULLION (3) Anna-Maria (c) bereits im Jahre 1880 (1). Die Tochter Maria und letztlich deren beide unverheirateten Töchter Josefine „MILLISCH Fina“ (g) und Maria (h) führten den Laden bis ins Jahr 1988/89 weiter.

Das Haus:
Auf dem Areal befinden sich noch Kellerräume und Abwasserkanäle (2), welche, so ist zu vermuten, aus dem Mittelalter stammen. In sehr alten Katastern ist eine Bebauung des heutigen Gartenbereiches noch eingezeichnet. Vom dahinterliegenden Haus Schneider-Lauer (Welter) führte ein Tunnel zum Haus Millisch, welcher dort in der -heutigen- Scheune endete. Dort ist dieser zugemauert; auf dem Anwesen Schneider-Lauer-Scherf ist er aber noch rd. sieben Meter vorhanden und wurde dort ehemals als Lagerstätte für Kartoffeln und Rüben genutzt. Unter dem ehemaligen Laden und dem kleinen Wohnzimmer gibt es einen Kellerraum, welcher in Gänze in den Felsen (Lehmschiefer) gehauen ist.
Das Haus Millisch war ein typisches „Trierer Einhaus“ (6) und besteht aus zwei Teilen, wobei der linke Teil die o. g. Familie FELLER-BOULLION um das Jahr 1873 erstellte oder dessen Altbestand renovierte. Der rechte Gebäudeteil erfuhr keine bauliche Veränderung, behielt daher seine -recht gute- Bausubstanz und soll zu den Zeiten von und nach Napoleon als Gasthof (4) gedient haben. Ein Teil des o. g. Tunnels diente damals wohl als Getränkedepot. Die Hohlräume im Garten müssten noch untersucht und dann auch zugeordnet werden.


Gegen Ende des zweiten Weltkrieges traf ein Ari-Beschuss die Scheune und den Stall im Eingangsbereich. Dieser Teil des Hauses wurde mit den relativ neuen Baumethoden repariert; dabei entfiel die Bogenform des Scheuneneingangs, sowie auch die der Stalltür.
Das Haus hat also jede Menge Geschichte, hier von einem Anwesen in Burgnähe oder gar zur Burg gehörig, bis hin zum Tante-Emma-Laden. So manche Anekdote (5) rankt sich um dieses Haus, den Laden und die beiden u. g. Damen. Viele der Alteingesessenen, aber auch Neubürger(Innen) des Ortes Osburg, so auch Bürger(Innen) aus den Nachbardörfern kennen noch den Laden, den Ton der Klingel, sowie die beiden Damen, hier Millisch Fina und Maria, so, wie die beiden hinter der Ladentheke stehen, Salzheringe aus dem Holzfass nahmen, diese in Zeitungspapier einwickelten, anschließend Süßigkeiten den Schütten entnahmen und den Kindern für wenige Pfennige oder gar einen Groschen verkauften, welche dann ……oh Schreck, doch etwas salzig schmeckten. Diese waren somit -ungewollt- die ersten süßsauren Drops in Osburg und und und…………weitere Geschichten gibt’s mündlich vor Ort.

a) * 1802    oo in 1827    + am 21. Okt. 1876 aus Dodenburg/Heckenmünster
b) * 1801    oo in 1827    + am 26. Mai 1877 aus Osburg
c) * am 15. Mai 1836    oo am 06. Febr. 1869    + am 25- Sept. 1898 aus Osburg
d) * am 26. Dez. 1836    oo am 06. Febr. 1869    + am 05. Juli 1905 aus Osburg
e) * am 20. Nov. 1877    oo am 08. Febr. 1904    + am 27. Sept. 1955
f) * am 06. Aug. 1873    oo am 08. Febr. 1904    + am 25. Okt. 1916
g) * am 07. Sept. 1908    ledig    + am 26. März 1991
h) * am 18. Okt. 1912    ledig    + am 01. Nov. 1998
i) * am 02. Mai 1878    oo am 08. Febr. 1904    + am 01. Aug. 1910
j) * am 21. Jan. 1881    oo am 08. Febr. 1904    + am 01. Juni 1931

1    Im dem noch vorhandenen „Anschreibebuch“ sind für dieses Jahr die ersten Vermerke, so auch Hinweise auf die Tausch-geschäfte, wie z. B. Eier und Milch gegen „Touback und Salz“
2    Der ehemalige Burgfried, welcher seit 1734 als Kirchturm dient, ist 37 m entfernt, das Zehnt- und spätere Pfarrhaus (Hs. Lehnen) so um die 15 m, hier von der Grundstücksgrenze aus gesehen.
3    Die Schreibweise BOULLION ist vermutlich durch einen Übermittlungs- oder Schreibfehler entstanden, denn ansonsten gibt es rundum nur den Familiennamen in der Form von BOUILLON
Im nördlichen Saarland (ehemals dem Regierungsbezirk Trier zugehörig) ist der Familienname Bouillon sehr oft gegeben. Die Vorfahren von Boullion Johann(d) (Vater Johann, * 1805) stammen aus Konfeld (heute Weiskirchen-Konfeld). Gemein-sam mit seinem Cousin Boullion Michel (* 1815) zog es ihn (den Johann *1805) zur Gründung einer Familie (der zweiten) nach Osburg. (? 1) Die zweigeteilte Sippe erhielt im Ort den Dorfnamen „Könnwöelter“. Für viele Osburger(Innen) ist das Könnwöelter Maalchi (Boullion/ Kohl- Amalie-Magdalena) oder auch der Könnwöelter Vinz (Vinzens war Tenorsänger an der Staatsoper in Bremen) sowie sein Bruder Peter (verh. nach Riveris) noch ein Begriff, hier durchweg alles gute Musiker und Sänger. Sohn Johann, * 1905, der Familie Scherf Nik. und Boullion Maria spielte in Osburg zeitweilig die Orgel in der Pfarrkirche u. leitete den Kirchenchor in Osburg. Nach dem Krieg kehrte er nicht mehr zurück (+ 1955 im Ruhrgebiet).
4    Lt. SCHNEIDER (Welter) Friedel, welches (zu 4) seiner Oma THEIS Maria (* am 29. Jan. 1855) von seiner Urgroßmutter THEIS Susanna (*14. Nov. 1825) überliefert wurde
5    teilweise gespeichert
6    Wohn- und landwirtschaftlich Gebäude sind nebeneinander und haben eine Firstlinie. Der Sims ist sehr klein gehalten; es gibt daher kaum einen Dachüberstand. Ende der 70er Jahre erhielt das Haus Millisch ein neues Dach, wobei zum Teil das alte „Gespeer“ (Dachstuhl) erhalten blieb. Der Dachüberstand wurde dabei erheblich vergrößert und entspricht somit leider heute nicht mehr dem eines Trierer Einhauses. Das Haus steht auch daher nicht unter Denkmalschutz.

(? zu 1) Die im Kirchenbuch verzeichnet Ahnenreihe ist nicht in allen Punkten stimmig.

Weitere Infos zum Haus MILLISCH finden sie unter: www.bernd-quint.de

Text und Fotos: Bernd Quint