Ansprache zum Volkstrauertag 2018

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger!

Foto: Michael Rosenkränzer
Foto: Michael Rosenkränzer

In diesen Tagen jährte sich das Ende des 1. Weltkriegs zum 100sten Mal. Angesichts so vieler Opfer in den
unerbitterlichen Schlachten wurde 4 Jahre darauf der Volkstrauertag als Ehrentag für die Gefallenen des
dieses Krieges eingeführt. Ein Heldengedenktag? Keineswegs, denn es überwogen Trauer und der Schmerz
über den Verlust unzähliger Väter, Söhne und Ehemänner. Er sollte ein Tag der Besinnung und der Mahnung
sein.
Zu Zeiten des Nationalsozialismus wurde er dann aber im Rahmen der Propaganda des Regimes doch zur
Heldenverehrung missbraucht und wurde so Bestandteil einer aggressiven Politik
17 Millionen Menschen ließen ihr Leben im 1. Weltkrieg. Ihr Leid und Opfer lassen sich durch nichts
rechtfertigen. Für alle Beteiligten sollte dies eine eindringliche Warnung gewesen sein. Und dennoch
führten Vorurteile, Misstrauen, Der Wunsch nach Rache und mangelnder Wille zur Verständigung,
verbunden mit einem überheblichen Rassismus und Nationalismus, zum 2. Weltkrieg mit dem vierfach
höheren Verlust an Menschenleben – gefallene Soldaten, unbeteiligte Zivilisten, politisch Unliebsame.
Ab 1952 erneut eingeführt, erinnert der Volkstrauertag uns jährlich wiederkehrend an die Schrecknisse der
beiden Kriege und mahnt uns den Frieden sorgsam zu behüten.
Seit nunmehr 73 Jahren ist uns hier, in der Region in der wir leben, dieser Frieden geschenkt. Die Welt, die
auch für uns immer enger zusammenwächst, ist aber seit dem Ende 2. Weltkriegs nicht wirklich friedlich
geblieben.
Gewaltausbrüche und Not begegnen uns täglich in den Nachrichten. Wir wissen von Massakern und
Völkermord unter diktatorischen Gewaltherrschaften, von Kämpfen um abstrakte Staatsinteressen, von
Unruhen und brutalen Auseinandersetzungen politischer Ideologien oder Religionen. Irgendwo auf der
Welt, auf nahezu allen Kontinenten finden sie statt. Dazu kommt noch die ständige Bedrohung durch
unberechenbare, terroristische Anschläge, die uns auch hierzulande treffen können.
Die Sinnlosigkeit dieser Gewalt, die Motive dieser Konflikte und die vorgebliche, oft einseitige Rechtfertigung
macht uns betroffen.
Denn all diese unfriedlichen Akte erzeugen Not und Leid und fordern Menschenleben. Die Zahl dieser Opfer
ist unüberschaubar. Jeder einzelne Tote hatte seine Familie, hatte Freunde – Angehörige, deren persönlicher
Schmerz die Zahl der Leidtragenden noch erhöht. Wir sollten uns dessen bewusst sein.
Am heutigen Tag der nationalen Trauer gedenken wir darum nicht nur den gefallenen Soldaten und
getöteten Zivilisten der Weltkriege, sondern wir denken auch an alle Opfer von Gewalt weltweit.
Gleichzeitig ist dieser Tag aber auch ein Tag der Mahnung zu Versöhnung und Verständigung und gegen
das Vergessen für die heutige und nachfolgende Generationen.
In einer Zeit in der nationalistisches und fremdenfeindliches Denken um sich greift und vorgibt, man sei
doch hier selbst Opfer und Leidtragender, ist es wichtig, sich darauf zu besinnen, wohin Abgrenzung,
Vorurteile und Selbstüberhöhung führen können. Populismus, „Fake News“ und billige Parolen erzeugen
Unsicherheit und Ängste und führen oft zu Aggression.
Es ist an uns, zurück zu schauen auf die Schrecken der Kriege und voraus zu schauen, hin zu wirken, auf die
Bewahrung von Frieden, Demokratie und Menschenrechten.
Auch Bürger Osburgs wurden Opfer von Kriegshandlungen, in beiden Kriegen. Ihnen ist das Ehrenmahl
gewidmet, vor dem wir heute stehen. Ihnen zu Ehren lege ich heute namens der Ortsgemeinde einen Kranz
nieder, stellvertretend für all die anderen Opfer von Gewalttaten, die unter dem Deckmantel von nationaler,
ethnischer oder religiöser „Überlebensinteressen“ stattfanden.

Ihr Ortsbürgermeister Klaus Bauer